Lukas Christen, PhD
Zentrale Lerninhalte
Definition von Pasteurisierung
Gründe für die Notwendigkeit, Muttermilch zu pasteurisieren
Gängige Pasteurisierungsverfahren und ihre Auswirkungen auf Muttermilch
Nachteile alternativer Pasteurisierungsverfahren
Muttermilch ist für Frühgeborene deshalb so gesund, weil sie viele bioaktive Komponenten enthält, z. B. immunologische und entwicklungsfördernde Proteine, Verdauungsenzyme und zelluläre Bestandteile [1], [2], [3]. Viele Mütter bilden aber während des NICU-Aufenthalts ihres frühgeborenen Säuglings nicht genug Milch, um dessen Bedürfnisse zu decken [4]. Idealerweise sollte in diesem Fall die Laktation angestoßen bzw. die Milchmenge erhöht werden. Die zweitbeste Option besteht darin, das Kind mit Spenderinnenmilch zu ernähren [5], [1], [3].
Weltweit werden Neugeborenen-Intensivstationen (NICUs) mit Spenderinnenmilch von Muttermilchbanken versorgt. Dabei gilt die Sicherheit der EmpfängerInnen als höchste Priorität. Für diese Sicherheit gelten jedoch von Land zu Land und auch innerhalb der Länder unterschiedliche Standards. So wird z. B. auf den NICUs aller Krankenhäuser Norwegens, von einer einzigen Ausnahme abgesehen, unpasteurisierte Spenderinnenmilch verwendet. Die Fütterung dieser auch als roh oder nativ bezeichneten Muttermilch hat eine lange Tradition, erfordert aber strenge Kontrollen und ein häufiges Screening der Spenderinnen über ihren Spendenzeitraum hinweg. Außerdem werden alle Milchspenden auf Bakterien untersucht, und wenn sie Pathogene enthalten oder eine bestimmte Gesamtzahl an Bakterien überschritten wird (> 100,000 koloniebildende Einheiten [KBE]/ml), werden sie vernichtet. Für besonders kleine Frühgeborene wird nur Milch mit einer Bakteriendichte von < 10,000 KBE/ml verwendet [6]. Bemerkenswerterweise zählt Norwegen zu den Ländern mit der niedrigsten Inzidenz von nekrotisierender Enterokolitis und Spätsepsis [7], was teilweise auf den Einsatz von roher statt pasteurisierter Spenderinnenmilch zurückzuführen sein könnte.
Die meisten für Muttermilchbanken und NICUs geltenden Leitlinien schreiben vor, dass Spenderinnenmilch pasteurisiert werden muss [8], [9], [10]. Durch diese Behandlung wird eine Krankheitsübertragung von der Spenderin auf den frühgeborenen Säugling verhindert, da die in der Milch enthaltenen Bakterien und Viren vernichtet werden [11], [12], [13]. Das weltweit am häufigsten verwendete Pasteurisierungsverfahren ist eine Wärmebehandlung, die sogenannte Holder-Pasteurisierung [8], [14], [9], [10]. Bei dieser Behandlung wird die Menge an vegetativen Bakterien so weit verringert, dass sie den Richtlinien der meisten Milchbanken entspricht. Dieses Verfahren führt allerdings auch dazu, dass die Aktivität wichtiger bioaktiver Komponenten reduziert wird [15], [16], [17].
Da die Pasteurisierung in den meisten Milchbank-Leitlinien eine tragende Säule der Sicherheitsmaßnahmen darstellt, ist ein Behandlungsverfahren nötig, das die Qualität der pasteurisierten Spenderinnenmilch erhöht und so die Auswirkungen auf die Gesundheit bei Frühgeborenen potenziell verbessert. Dieses Alternativverfahren muss hinsichtlich der Verringerung von Mikroorganismen in der Muttermilch denselben Sicherheitsstandard erreichen wie die Holder-Pasteurisierung, dabei aber den Erhalt der bioaktiven Komponenten verbessern.
Die Pasteurisierung ist ein Behandlungsverfahren, bei dem ein – in der Regel flüssiges – Nahrungsmittel teilweise sterilisiert wird, damit es sicher für den Verzehr und länger haltbar ist. Hierzu wird in der Nahrungsmittelindustrie meistens die Wärmebehandlung eingesetzt. Zunehmendes Interesse erfahren aber auch andere Ansätze, die den ernährungsphysiologischen Wert weniger beeinträchtigen und den Geschmack, Geruch und sonstige charakteristische Eigenschaften erhalten [18]. An Kuhmilch wurden bereits alternative Pasteurisierungsverfahren getestet, die Ergebnisse lassen sich jedoch nicht ohne Weiteres auf Muttermilch übertragen. Das liegt vor allem daran, dass die Kuhmilchindustrie in erster Linie die Prozesskosten optimieren und die Haltbarkeit verlängern möchte, ohne die Lebensmittelsicherheit zu beeinträchtigen. Um die Haltbarkeit der Milch zu verlängern, werden die in der Milch enthaltenen Verdauungsenzyme deaktiviert. Für die optimale Ernährung von Frühgeborenen kann es jedoch sehr wichtig sein, die Aktivität von Verdauungsenzymen wie Gallensalz-stimulierter Lipase (BSSL, Bile Salt-stimulated Lipase) in der Muttermilch aufrechtzuerhalten [19], [20]. Die immunologischen und entwicklungsfördernden Komponenten der Muttermilch sollten weitgehend erhalten bleiben, um das unreife Immunsystem des Säuglings zu stärken und seine physiologische Entwicklung zu unterstützen. Für Pasteurisierungsverfahren gelten daher unterschiedliche Auswahlkriterien, je nachdem, ob es sich um Muttermilch oder um Kuhmilch handelt.
Es gibt chemische, biologische und physikalische sowie auf Separation basierende Pasteurisierungsverfahren (Abb. 18.1). Da die Zugabe chemischer oder biologischer Wirkstoffe zur Muttermilch grundsätzlich als unsicher bzw. nicht wünschenswert angesehen wird, kommen hier für die Pasteurisierung also lediglich physikalische und Separationsverfahren in Frage.
Bei dieser Art der Pasteurisierung wird die Muttermilch für einen bestimmten Zeitraum auf eine spezifische Temperatur erhitzt. Die beiden wichtigsten thermischen Methoden sind der Niedertemperatur-Langzeitprozess (Low Temperature, Long Time; LTLT) und die Kurzzeiterhitzung bei hoher Temperatur (High Temperature, Short Time; HTST). Bei beiden Methoden werden auch die hitzebeständigsten nicht sporenbildenden Pathogene (Mycobacterium tuberculosis und Coxiella burnetii) abgetötet [21].
Bei der Ultrahocherhitzung (Ultrahigh Temperature, UHT) wird die Milch für 1–2 Sekunden auf über 135 °C erhitzt. Diese Behandlung gilt als Sterilisation und ist daher von der Pasteurisierung zu unterscheiden.
Die Wärmeeinwirkung verändert viele verschiedene biologische Komponenten der Mikroorganismen und inaktiviert sie somit über mehrere Mechanismen. Die Haupteffekte der Wärmebehandlung sind DNA-Strangbrüche, Deaktivierung von Enzymen und Denaturierung (Gerinnung) von Proteinen. Auch kann eine thermisch bedingte Zerstörung der Zellmembran zum Zelltod führen, was einen Verlust von Nährstoffen und Ionen nach sich zieht. Einen kleineren Beitrag zur thermischen Inaktivierung leisten auch die Zersetzung von Ribosomen und die Hydrolyse von Ribonukleinsäure (RNA) [22]. Eine Vielzahl von unterschiedlichen Mechanismen kann von Vorteil sein, wenn ein breites Spektrum von Mikroorganismen inaktiviert werden soll. Ein Hauptnachteil der thermischen Pasteurisierung besteht jedoch darin, dass sich die Deaktivierung der Enzyme und Denaturierung der Proteine nicht auf die unerwünschten Mikroorganismen beschränkt, sondern auch auf bioaktive Komponenten der Muttermilch erstreckt.
In Milchbank-Leitlinien wird die thermische Pasteurisierung anhand einer Zieltemperatur definiert, die für eine bestimmte Zeit gehalten werden muss. Das vollständige Profil des Temperaturverlaufs wird jedoch nicht vorgeschrieben. Wie lange der Erhitzungs- und der Abkühlvorgang dauern, ist von vielen Faktoren abhängig, z.B. von der Milchmenge, dem Verhältnis der Wärmeaustauschfläche zur Milchmenge, der Wärmeübertragungsrate der Muttermilch (schwankt je nach Dichte und Zusammensetzung) sowie der Wärmeübertragungsrate des Behälters (schwankt je nach Wanddicke und verwendetem Glas-/Kunststoffmaterial) [23], [24]. Die Verarbeitung der Spenderinnenmilch kann also ganz unterschiedlich ablaufen, selbst wenn nach derselben Leitlinie gearbeitet wird, und entsprechend unterschiedlich kann auch die Qualität der resultierenden pasteurisierten Spenderinnenmilch und ihr Gehalt an bioaktiven Komponenten sein.
Das häufigste Verfahren zur Pasteurisierung von Muttermilch ist die LTLT- oder Holder-Methode. Es wird weltweit in Milchbanken angewendet. Die in Flaschen abgefüllte Muttermilch wird im Wasserbad für eine Dauer von 30 Minuten auf eine konstante Temperatur von 62,5 °C erhitzt [8], [9], [10]. Mit dieser Methode lässt sich die Zahl der vegetativen Bakterien um 5-log10 reduzieren [9], Bakterien-Endosporen hingegen werden nicht inaktiviert, da sie sehr hitzebeständig sind [25]. Auch Viren, die häufig in der Muttermilch vorliegen, werden durch dieses Verfahren eliminiert, z. B. das humane Immundefizienzvirus Typ 1 (HIV-1) (HIV-1) [26], das Zytomegalievirus (CMV) [13] oder das humane T-lymphotrope Virus Typ 1 (HTLV-1) [27]. Die Studien zu HTLV-1 wurden allerdings nicht mit Muttermilch durchgeführt. Bei der Holder-Pasteurisierung werden leider auch viele verschiedene Muttermilchkomponenten inaktiviert [15], [16], [17].
Daher wurde untersucht, wie man das Holder-Verfahren so verändern kann, dass die bioaktiven Komponenten besser erhalten bleiben. Aus 2 unabhängigen Studien ging der Vorschlag hervor, die Warmhaltedauer und/oder -temperatur zu verringern. Bei Änderung der Parameter auf 62,5 °C für 5 Minuten, 56 °C für 15 Minuten oder 57 °C für 30 Minuten blieben mehr als 90% der Immunproteine, während sich die Zahl der vegetativen Bakterien um 2-log10, 2-log10 bzw. 3-log10 verringerte [12], [28]. Dieser Grad der Bakterienreduktion genügt jedoch nicht den Anforderungen aller Milchbank-Leitlinien, und das essenzielle Enzym BSSL geht bei diesen Parametern mit hoher Wahrscheinlichkeit vollständig verloren.
Bei HTST-Pasteurisierung wird die Milch für eine Dauer von 15 Sekunden auf 72 °C erhitzt. Die Kuhmilchindustrie bevorzugt dieses Verfahren, weil es weniger Energie verbraucht und die Farbe und den Geschmack der Milch besser erhält als die LTLT-Pasteurisierung.
Die HTST-Pasteurisierung eliminiert nachweislich HIV, das Hepatitis-B- und -C-Virus [29] sowie CMV [13]. Einige Forscher haben außerdem über einen unveränderten Gehalt an BSSL, Lactoferrin und sekretorischem Immunglobulin A (sIgA) berichtet, während andere einen Rückgang der Immunproteine und eine vollständige BSSL-Inaktivierung beobachtet haben [30], [31], [32], [33]. In einer Studie wurde je nach Flussrate der Milch im Verfahren ein unterschiedlicher Grad des Immunglobulin-Erhalts gemessen. Laut den AutorInnen war dies auf Unterschiede bei der Erhitzungsanlage und Probengröße, den Bedingungen vor/nach der Pasteurisierung und der Analysemethode zurückzuführen [34]. In künftigen Studien sollten Vorher-/Nachher-Bakterienzahlen, Temperaturprofile und Biomarker wie z.B. alkalische Phosphatase (ALP) bestimmt werden, um solche Diskrepanzen zu verringern.
Grundsätzlich ist es möglich, den Erhaltungsgrad von bioaktiven Komponenten wie Lactoferrin, Lysozym und sIgA zu optimieren, indem die Warmhaltezeit und -temperatur verändert werden. Lediglich die BSSL lässt sich bei der thermischen Pasteurisierung nicht erhalten, da sie bereits ab etwa 45 °C denaturiert und diese Temperatur unter der Grenze für die Inaktivierung von Bakterien liegt [35]. Um Enzyme wie BSSL zu schonen, ist also ein Verfahren zur Pasteurisierung ohne Erwärmen erforderlich.
Wenn eine Flüssigkeit einem Hochdruckverfahren unterzogen wird, schädigt dies die Zellmembranen der darin enthaltenen Mikroorganismen. Eine mit der thermischen Pasteurisierung vergleichbare Bakterienreduktion in der Milch lässt sich erzielen, indem diese für 15 Minuten einem Druck von 400 MPa oder für 3 Minuten einem Druck von 500 MPa ausgesetzt wird [36]. Die Reduktion von vegetativen Bakterien setzt ab 100 MPa ein, je nach Bakterienart und behandeltem Lebensmittel. Gramnegative Bakterien sind grundsätzlich druckempfindlicher als grampositive Bakterien [37]. Sporen zeigen tendenziell eine hohe Drucktoleranz bis zu über 1200 MPa [38], wobei diese Schwelle durch zusätzliches Erwärmen gesenkt werden kann. Druck verursacht bei Proteinen andersartige Schäden als Wärme, was auch ernährungsphysiologische und biologische Konsequenzen haben kann [39]. Druck über 230 MPa führt in Kuhmilch zu kleineren Casein-Mizellen, was sich auf die Viskosität und Trübung auswirkt [36]. Hoher Druck verursacht außerdem ein verändertes Kristallisationsverhalten [40] und einen Phasenwechsel bei bovinem Milchfett [39]. Neben der vergleichsweise geringen Reduktion von Escherichia coli deuten diese bei Kuhmilch beobachteten Veränderungen darauf hin, dass die Hochdruckpasteurisierung wahrscheinlich kein geeignetes Verfahren für Muttermilch darstellt.
Hochleistungsultraschall (20–100 kHz) hält derzeit Einzug als neues Verfahren zur Konservierung von Lebensmitteln [41], [42], [43]. Die Ultraschallwellen erzeugen hierbei eine Kavitation, d. h. sie bewirken, dass in Flüssigkeiten Blasen entstehen, wachsen und wieder zusammenfallen [44]. Die Druckveränderungen, die von diesen Implosionen ausgehen, laufen als Stoßwellen durch die Flüssigkeit, beschädigen die Zellmembranen von Bakterien und führen so zur Zelllyse [45], [46].
Studien mit Kuhmilch und Fruchtsaft haben gezeigt, dass sich verschiedene Pathogene in Lebensmitteln mittels Ultraschallbehandlung mindestens genauso gut eliminieren lassen wie mittels Wärmepasteurisierung [43], [47]. So hat eine Studie ergeben, dass die Belastung mit Trichophyton mentagrophytes nach einer Ultraschallbehandlung signifikant reduziert war. Das feline Herpesvirus (ein behülltes Virus) wurde ebenfalls signifikant reduziert, wohingegen keine Wirkung auf das unbehüllte feline Calicivirus festzustellen war. Dies deutet darauf hin, dass die Wirkung auf der Beschädigung der Virenhülle beruht [48].
In einer weiteren Studie wurde nachgewiesen, dass sich mittels Ultraschall-Pasteurisierung von Muttermilch die Belastung mit E. coli reduzieren und zugleich die BSSL zu > 90% erhalten lässt. Allerdings führte die Abwärme zu einer Erwärmung der Milch auf mehr als 50 °C. Um die BSSL zu erhalten, muss die Temperatur der Milch während der Ultraschallbehandlung jedoch niedrig gehalten werden [49].
Synergieeffekte zwischen Ultraschall und anderen Prozesstechnologien werden genutzt, um die Qualität von Nahrungsmitteln zu optimieren oder den Zeit- und Energieaufwand der Behandlung zu verringern [50], [51], [52]. Thermoultraschall scheint dank verbesserter Energieeffizienz und Keimreduktion ein vielversprechender Ansatz zu sein [47].
Es hat sich herausgestellt, dass die Thermoultraschallbehandlung von Muttermilch die Belastung durch E. coli und Staphylococcus epidermidis um 3-log10 vermindert und dabei im Vergleich zur Holder-Pasteurisierung mit einer besseren Erhaltung von sIgA (91%), Lysozym (80%), Lactoferrin (77%) und BSSL (45%) einhergeht. Außerdem führte das Verfahren nach 5 Minuten zu einer Verkleinerung der mittleren Partikelgröße der Milchfettkügelchen von 4,6 µm auf 0,6 µm. Der Effekt dieser kleineren Milchfettkügelchen und die Wirkung auf die Fettresorption bei Frühgeborenen sind jedoch unbekannt [53].
Ultraviolette (UV) Strahlen sind Teil des elektromagnetischen Spektrums; man unterscheidet UV-A (320–400 nm), UV-B (280–320 nm), UV-C (200–280 nm) und Vakuum-UV (100–200 nm). UV-C-Strahlung im Bereich von 250–270 nm hat die stärkste keimabtötende Wirkung und kann Mikroorganismen wie Bakterien, Viren, Protozoen, Hefe- und Schimmelpilze sowie Algen zerstören [54], [21]. UV-C-Strahlung dieser Wellenlänge wird von DNA-Bausteinen absorbiert, insbesondere von Pyrimidin und Purin, wodurch chemische Reaktionen gefördert werden. Typische Produkte dieser Reaktionen sind Pyrimidin-Dimere, Pyrimidin-Addukte sowie Pyrimidin-Hydrate, zum Teil in Verbindung mit Protein-Quervernetzungen und DNA-Strangbrüchen [55]. Diese DNA-Schäden führen dazu, dass sich die Mikroorganismen nicht mehr vermehren und keine Krankheiten mehr hervorrufen können [54]. Bakterien und Viren werden durch ähnliche UV-C-Dosen inaktiviert, bei Protozoen und Pilzen hingegen ist eine bis zu 4- bzw. 10-mal höhere Dosis erforderlich [55].
Die UV-C-Bestrahlung kommt häufig bei der Oberflächensterilisation von Obst und Gemüse zum Einsatz, außerdem bei der Wasseraufbereitung für Trinkwasser und Schwimmbecken. Wie tief die UV-C-Strahlen in die Flüssigkeit eindringen, hängt von den darin gelösten und suspendierten Feststoffen ab [56], [57], [58]. Bei undurchsichtigen Flüssigkeiten wie Muttermilch wird die UV-C-Bestrahlung durch das enthaltene Fett und Casein erschwert. Der Absorptionskoeffizient bei 254 nm ist dadurch bei Muttermilch höher (300 cm–1) als bspw. bei Bier (20 cm–1) oder Wasser (0,1 cm–1) [55]. Wird jedoch eine turbulente Strömung um eine UV-C-Strahlungsquelle herum erzeugt, können auch undurchsichtige Flüssigkeiten wie Fruchtsaft oder Kuhmilch behandelt werden [59], [60]. Das ist wohl darauf zurückzuführen, dass durch die Turbulenz die Mikroorganismen bewegt werden und an der Schnittstelle von Flüssigkeit und UV-Quelle auf Photonen treffen.
Allerdings kann UV-C-Strahlung auch Komponenten der Muttermilch schädigen; entweder durch direkte Oxidation (Typ-1-Photooxidation), indem Aminosäuren die Strahlen absorbieren, oder durch indirekte Oxidation (Typ-2-Photooxidation), bei der schädigende reaktive Sauerstoffspezies gebildet werden [61]. In Studien hat sich das Ausmaß der UV-C-bedingten Schäden in Proteinlösungen und in Kuhmilch gegenüber der Wärmepasteurisierung als gering erwiesen [62], [63]. Es wurde jedoch auch beobachtet, dass die UV-C-Bestrahlung zum Struktur- und Funktionsverlust des Milchproteins Apo-α-Lactalbumin führt und dadurch für die Milchpasteurisierung möglicherweise nur bedingt geeignet ist [64].
Eine Studie mit Muttermilch hat ergeben, dass die UV-C-Bestrahlung die Zahl vegetativer Bakterien um 5-log10 reduzieren kann und die Proteine dabei besser erhalten bleiben als bei der Holder-Methode. Die Aktivität von BSSL und ALP wurde gar nicht beeinträchtigt, die Retentionsraten von Lactoferrin, Lysozym und sIgA betrugen 87%, 75% bzw. 89%. Hinsichtlich des Fettsäureprofils oder der bakteriostatischen Eigenschaften der Muttermilch wurden keine Veränderungen beobachtet [65], [66].
Es ist allgemein bekannt, dass ionisierende Strahlung in Form von Elektronen, Röntgen- oder Gammastrahlen im Rahmen der industriellen Produktsterilisation die Mikrobenbelastung reduzieren kann. Aufgrund ihrer hohen Energiedichte ist diese Strahlung dabei sehr wirkungsvoll. Allerdings sind die Geräte zur Erzeugung ionisierender Strahlung sehr teuer und können nur von speziell geschulten MitarbeiterInnen mit aufwendiger Schutzausrüstung bedient werden.
Gammastrahlen beeinträchtigen die ernährungsphysiologische Qualität von Kuhmilch und schädigen in hohem Maß das darin enthaltene Vitamin A, C und E, in moderatem Maße Karotinoide und Riboflavin und geringfügig auch die ALP [67].
Im Gegensatz zur Sterilisation von medizinischen Geräten und industriellen Produkten ist die Bestrahlung von Nahrungsmitteln mit Elektronen, Gamma- und Röntgenstrahlen von begrenztem Wert. Für flüssige Nahrungsmittel wird sie grundsätzlich nicht empfohlen.
Bei Mikrowellen handelt es sich um nicht-ionisierende, wärmeerzeugende Strahlung, die zur thermalen Pasteurisierung eingesetzt werden kann. Für eine wirksame Pasteurisierung ist eine gleichmäßige Erwärmung der gesamten Flüssigkeit von entscheidender Bedeutung. Allerdings wird die Wärme bei der Pasteurisierung mittels Mikrowellen ungleichmäßig verteilt, sodass die Flüssigkeit heiße und kalte Inseln enthält [68]. Auf Durchströmung basierende Systeme sind für dieses Problem weniger anfällig [69]. Somit handelt es sich bei der Mikrowellenbestrahlung um ein weiteres thermisches Verfahren mit denselben Vor- und Nachteilen wie die Holder-Pasteurisierung.
Bei diesem Verfahren wird die kontaminierte Flüssigkeit über einen Zeitraum von > 1 Sekunde unter Hochspannung gesetzt (20–80 kV/cm). Dadurch werden die Zellmembranen durchlässig und es kommt schließlich zur Zelllyse. Diese Methode führt zu einer wirksamen Inaktivierung von vegetativen Bakterien, Hefe- und Schimmelpilzen [70], verringert aber auch den Gehalt von Lipase um 70–85%, von Peroxidase um 30–40% und von ALP um 5% [71]. Diese Ergebnisse stammen allerdings nicht aus Studien mit Muttermilch und sind daher möglicherweise nicht direkt übertragbar. Die Technologie der gepulsten elektrischen Felder befindet sich noch in der Entwicklung und wurde noch nicht für den kommerziellen Einsatz geprüft.
Bei dieser Technik wird ein starkes Magnetfeld von 2–100 T mit einer Frequenz von 5–500 kHz über einen Zeitraum von 25 µs bis 2 ms appliziert. Der antibakterielle Wirkmechanismus dieses Verfahrens ist unbekannt, könnte aber auf einer Veränderung des Ionenstroms durch die Zellmembranen beruhen [72]. In Kuhmilch und Orangensaft wurde eine Reduktion von vegetativen Bakterien um 2-log10 erreicht; die Zahl der Bakteriensporen blieb hingegen unverändert [73]. Die Ausrüstung für dieses Verfahren ist derzeit sehr kostspielig, und das Anwendungspotenzial scheint begrenzt zu sein.
Als Baktofugation wird die Entfernung von Mikroorganismen mithilfe von hohen Zentrifugalkräften bezeichnet. Dieses Verfahren ist am wirksamsten gegen mikrobielle Zellen hoher Dichte, insbesondere Bakteriensporen (1,2–1,3 g/l) und somatische Zellen. Rund 98% aller anaeroben sporenbildenden und 95% aller aeroben sporenbildenden Organismen lassen sich damit entfernen. Dagegen sind vegetative Bakterien aufgrund ihrer wesentlich geringeren Dichte deutlich schwieriger zu separieren; hier ist eine Reduktion um rund 89% zu erreichen [74]. Im Fall von Tiermilch wird die Baktofugation meist in Kombination mit der thermischen Pasteurisierung angewendet, da das Verfahren relativ effektiv gegen Sporen ist, aber deutlich schwächer gegen nicht sporenbildende Bakterien [75].
Muttermilch besteht aus vielen verschiedenen Komponenten unterschiedlicher Partikelgröße. Da sich die Größen dieser erwünschten Komponenten und der unerwünschten Mikroorganismen weitgehend überschneiden, ist eine Auftrennung der Mikroorganismen nach Größe ohne Verlust von wertvollen Inhaltsstoffen nur schwer möglich.
Die thermische Pasteurisierung von Muttermilch ist ein bewährtes Verfahren, dessen Auswirkungen auf Mikroorganismen und bioaktive Komponenten umfassend erforscht sind. Durch Modifikation des Temperaturprofils lässt sich der Erhalt der bioaktiven Komponenten noch optimieren. Allerdings besteht zwischen der Reduktion der Bakterienbelastung und dem Erhalt der bioaktiven Komponenten eine enge, inverse Beziehung. Hier könnten Pasteurisierungsverfahren Abhilfe schaffen, bei denen diese Beziehung weniger eng ist. Das vielversprechendste alternative Pasteurisierungsverfahren ist die Bestrahlung. Die Bestrahlung mit Elektronen, Röntgen-, Gamma- und UV-Strahlen wirkt direkt auf die DNA bzw. RNA ein und hat somit einen anderen Wirkmechanismus als die Wärmebehandlung. Von den 4 Strahlenarten weisen UV-Strahlen die geringste Energiedichte auf, weshalb die Kosten für das Behandlungsgerät, die Sicherheitsvorkehrungen und die Schutzausrüstung erheblich geringer ausfallen als bei den anderen Strahlenarten. Außerdem besitzt die Ultraviolett- und insbesondere die UV-C-Bestrahlung eine hohe keimabtötende Wirksamkeit und schädigt die bioaktiven Komponenten der Muttermilch in geringerem Maße als die thermische Pasteurisierung [65], [66]. Diese Ergebnisse stimmen zuversichtlich, dass sich die Qualität von pasteurisierter Spenderinnenmilch verbessern lässt, und dies bei gleichen Sicherheitsstandards wie im Falle der Holder-Pasteurisierung.
Die Pasteurisierung ist ein Behandlungsverfahren, bei dem – in der Regel flüssige – Nahrungsmittel durch Abtötung von Viren und Bakterien teilsterilisiert werden, damit sie sicher für den Verzehr sind.
Das gängigste Pasteurisierungsverfahren ist die Holder-Wärmepasteurisierung. Sie verringert die Zahl vegetativer Bakterien stark genug, um den Sicherheitsstandards zu genügen, führt aber auch zu einem erheblichen Verlust von wichtigen bioaktiven Komponenten der Muttermilch.
Alternative Pasteurisierungsverfahren können ebenfalls wichtige Inhaltsstoffe zerstören bzw. sind zum Teil sehr teuer oder im Hinblick auf die Sicherheit nicht zuverlässig genug.
Die UV-Bestrahlung erreicht denselben Sicherheitsstandard wie die Holder-Pasteurisierung bei besserem Erhalt der bioaktiven Komponenten. Dieses Verfahren muss jedoch noch umfassender untersucht werden.